Die Debatte um die Wirksamkeit der Homöopathie akzeptiert keine gegenläufige Meinung. Woher kommt die Vehemenz der Diskussion? Ein Plädoyer wider die Schwarz-Weiß-Malerei.

„Nach Hans-Georg Gadamer ist ein Gespräch bekanntlich dann ein Gespräch, wenn der andere recht haben könnte. Was den Homöopathiediskurs angeht, ist es schon lange kein Gespräch mehr. Es wird nicht sachlich diskutiert, sondern in Kriegsmetaphorik aufeinander eingedroschen.

Warum nur wird dieser Streit über ein Randphänomen der Medizin mit solcher Vehemenz ausgetragen? Warum vergeht kaum ein Tag, an dem die Homöopathie nicht in den Leitmedien als eindeutig unwissenschaftlich, längst widerlegt und darüber hinaus als gefährlich dargestellt wird – und zwar nicht nur von Kritikern, sondern auch von Journalistinnen und Journalisten?

Erklärungen bieten die Begriffe Ambiguitätsintoleranz und Vereindeutigung, Begriffe, die der Islamwissenschaftler Thomas Bauer in einem lesenswerten Essay („Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt“, Reclam) verwendet. Unter Ambiguitätstoleranz versteht man die Fähigkeit, Phänomene der Mehrdeutigkeit, der Unentscheidbarkeit und Vagheit zu ertragen, ohne darauf aggressiv zu reagieren oder diese einseitig zu bewerten. …“

Artikel lesen