BAH-Faktenpapier „Homöopathische Arzneimittel“

„Die Anwendung homöopathischer Arzneimittel hat eine lange Tradition und eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. So be-legen repräsentative Befragungen, dass mehr als jeder zweite Deutsche mit der Wirksamkeit und Verträglichkeit homöopa-thischer Arzneimittel zufrieden bis sehr zufrieden ist. Homöopathische Arzneimittel sind behördlich geprüfte, apothekenpflichtige Arznei-mittel. Sie unterliegen den hohen Anforderungen des Arzneimittelrechts und dürfen erst in Verkehr gebracht werden, nachdem sie ein arzneimittelrechtliches Genehmi-gungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben. Dieses von der Zulassungsbehörde standardisierte Verfahren prüft Arzneimittel auf ihre Qualität, Unbedenklichkeit und – bei zugelassenen homöopathischen Arzneimitteln – auf Wirksamkeit. Bei registrierten homöopathischen Arzneimitteln ist ein Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit nicht notwendig, weswegen dem Arzneimittel auch kein Anwendungs-gebiet zugeordnet wird. Durch die Apothekenpflicht ist sichergestellt, dass eine sachgerechte und indizierte Anwendung im Rahmen einer heilberuflichen Beratung durch den Apotheker erfolgt. Dieser kann im Zweifel auch auf die Grenzen einer homöopathischen Behandlung hinweisen. …“

  1. Rechtlicher Hintergrund (Auszug): „….Gemäß Europäischem Arzneibuch können als Wirk-stoffe in den homöopathischen Arzneimitteln die ho-möopathische Substanz selbst, bei Pflanzen also die Urtinktur oder Verdünnungen daraus, verwendet wer-den. Homöopathische Arzneimittel gibt es entwederals Einzelmittel oder als Komplexmittel, das heißt als fixe Kombinationen, die verschiedene homöopathische Zubereitungen enthalten. In Deutschland wie in der gesamten EU sind Homöo-pathika bewusst als Arzneimittel eingestuft (10). Denn damit unterliegen sie den strengen Anforderungen des Arzneimittelrechts und dürfen erst in Verkehr gebracht werden, nachdem sie ein arzneimittelrechtliches Ge-nehmigungsverfahren erfolgreich durchlaufen haben. …“
  2. Anforderungen an die Verkehrsfähigkeit (Auszug): „…Da homöopathische Arzneimittel häufig individuell aus-gewählt und angewendet werden und somit keine An-gaben zu Anwendungsgebieten enthalten können, wer-den sie registriert, wenn sie strenge Voraussetzungen erfüllen. Den europarechtlichen Vorgaben der Art. 14, 15 Richtlinie 2001/83/EG folgend ist gemäß §§ 38, 39 AMG die Qualität und Unbedenklichkeit nachzuweisen. Ein Nachweis der therapeutischen Wirksamkeit ist nicht notwendig. Dementsprechend wird dem Arzneimittel auch kein Anwendungsgebiet zugeordnet. Stattdessen steht auf der Packung und in der Gebrauchsinformation der Hinweis: „Registriertes homöopathisches Arznei-mittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen In-dikation“ (§§ 10 Abs. 4, 11 Abs. 3 AMG). …“
  3. Kennzeichnung homöopathischer Arzneimittel (Auszug): „Homöopathische Arzneimittel sind gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 AMG auf der Packung und in der Packungs-beilage zunächst mit dem deutlich erkennbaren Hin-weis „Homöopathisches Arzneimittel“ zu versehen. ..“
  4. Sicherung der Therapievielfalt (Auszug): „Homöopathische Arzneimittel gehören neben den phytotherapeutischen und anthroposophischen Arz-neimitteln zu den Arzneimitteln der sogenannten be-sonderen Therapierichtungen. Diese sind in § 25 Abs. 7 Satz 4 AMG und in § 34 Abs. 3 Satz 2 SGB V definiert. Der Gesetzgeber verfolgt damit im geltenden Arznei-mittelrecht ein umfassend angelegtes Konzept, das unterschiedlichen therapeutischen Ansätzen Rechnung trägt, und Therapievielfalt ermöglicht. Voraussetzung ist, dass eine Akzeptanz einer langen, kontinuierlichen und bewährten Praxis gegeben ist (Erfahrungsmedizin)…“
  5. Methodischer Hintergrund (Auszug): „…Homöopathie bedeutet wörtlich also “Ähnliches Leiden“. Homöopathische Arzneimittel gibt es in verschiedenen Verdünnungsstufen (Potenzen). Unter Potenzierung ist die Verdünnung bei gleichzeitiger „Dynamisierung“ (Ver-schüttelung oder Verreibung) zu verstehen. Die Poten-zierung und der therapeutische Ansatz unterscheiden die Homöopathie von allen anderen Heilmethoden. …“
  6. Apothekenpflicht (Auszug): „Homöopathische Arzneimittel sind apothekenpflichti-ge, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Durch den Status der Apothekenpflicht stellt der Gesetzgeber sicher, dass eine sachgerechte und indizierte Anwen-dung im Rahmen einer heilberuflichen Beratung durch den Apotheker erfolgt. …“
  7. Evidenz (Auszug): „Evidenzbasierte Medizin ist der gewissenhafte, aus-drückliche und vernünftige Gebrauch der gegenwärtig besten Evidenz für Entscheidungen in der medizini-schen Versorgung individueller Patienten. Dabei sind jeweils alle Aspekte der evidenzbasierten Bewertung zu berücksichtigen:

a)  Wissenschaftliche Evidenz – auf Basis von Studien und Literatur („externe Evidenz“)

b)  Klinische Erfahrung und Expertise des Therapeuten („interne Evidenz“)

c) Wunsch und Erfahrungen des Patienten („interne Evidenz“)

Dabei sind vom behandelnden Arzt bei seiner klinischen Entscheidung die interne als auch die externe Evidenz gleichermaßen zu berücksichtigen. Für den Fall, dass es zu einem Konflikt zwischen interner und externer Evidenz kommt, plädiert der kanadische Mediziner und Pionier der evidenzbasierten Medizin, Dr. David Sackett, dafür, dass die individuelle klinische Expertise des Arztes im Sinne des individuellen Patienten entscheidet. …“

8. Akzeptanz und Nutzen von Homöopathie für den Einzelnen und die Gesellschaft (Auszug): Homöopathische Arzneimittel werden als Ausdruck individueller Behandlung wahr-genommen, bei der es keine vorgefertigten und standardisierten Lösungen gibt. Immer mehr Menschen möchten selbstbestimmt Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen und als mündige Patienten wahrgenommen werden. Homöo-pathie bietet die Möglichkeit individuelle Lösungsan-sätze zu verfolgen. Im Zusammenspiel der Aspekte Individualisierung, Eigenverantwortung und Tradition entsteht ein Verhalten, das von einer hohen Therapie-akzeptanz und Therapietreue der Patienten geprägt ist. Eine repräsentative Befragung zeigt, dass über 70% der deutschen Bevölkerung mit der Wirksamkeit und Verträglichkeit homöopathischer Arzneimittel sehr zufrieden bzw. zufrieden sind. Selbstmedikation mit rezeptfreien Arzneimitteln – immer auch im Zu-sammenspiel mit einer heilberuflichen Beratung, die auch auf die Grenzen einer Therapie eingeht – führt zu erheblichen sozio- und gesundheitsökonomischen Ressourceneinsparungen. Diese Ressourcen stehen dann wiederum für die Behandlung schwerwiegender Erkrankungen zur Verfügung. Da homöopathische Arzneimittel eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung erfahren, können diese dazu erheblich beitragen. …“

9. Erstattungsfähigkeit (Auszug): „…. Seit 2012 können Krankenkassen nach § 11 Abs. 6 Satz 1 SGB V in ihre Satzung aufnehmen, dass sie beispiels-weise nicht verschreibungspflichtige, apothekenpflich-tige Arzneimittel erstatten. Diese Möglichkeit stärkt den vom Gesetzgeber bewusst gewollten Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen und gibt den Versicherten eine Auswahlmöglichkeit. Mittlerweile bietet über die Hälfte aller gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen von sog. Satzungsleistungen an, ärztlich verordnete Arzneimittel der besonderen Therapierich-tungen, also auch homöopathische Arzneimittel, bis zu einem definierten Budget zu erstatten. Damit entspre-chen sie dem Wunsch ihrer Versicherten und erkennen an, dass auch die Expertise des Arztes (interne Evidenz) und die Patientenpräferenz einen bedeutenden Faktor für den Therapieerfolg darstellen. …“

Quelle/Text: https://www.bah-bonn.de/redakteur_filesystem/public/BAH_Faktenpapier_Homooeopathie_2020_final.pdf